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Das Kirchengebäude und seine Geschichte

Im Herzen der Bonner Innenstadt gelegen – zwischen Markt und Beethovenhaus – ist die Namen-Jesu-Kirche für viele Bonner Familien seit drei Jahrhunderten ein wichtiger Ort der Andacht, des Gedenkens und des Gottesdienstes.

Der Anfang

Ein Holzstück wurde zum Anlass für den Bau und den Namen der Kirche: 1681 fand ein Holzarbeiter im Rheinbacher Wald bei Fällarbeiten einen Buchenscheit, auf dem er das Christusmonogramm I H S ( von der griechischen Schreibweise ΙΗΣΟΥΣ für Jesus) zu erkennen glaubte. Der seinerzeit in Bonn regierende Kölner Erzbischof und Kurfürst Max Heinrich von Bayern, ein Wittelsbacher, sah darin ein Zeichen und beschloss, in Bonn eine Kirche für den Jesuitenorden bauen zu lassen.
1686 legte Max Heinrich den Grundstein der Kirche. Er stellte das Geld für den Kirchbau (50.000 Reichstaler) zur Verfügung und legte fest, dass sie „ausgemalet werde wie St. Gereon zu Köln und den allersüssesten Namen Jesu trage“.
Der Bau der Kirche fiel in eine Zeit politischer Wirren. So wurde 1689 das gesamte Baumaterial von Franzosen konfisziert und erst 1691 wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen. 1717, 30 Jahre nach Baubeginn, weihte ein Neffe Max Heinrichs, Kurfürst Joseph Clemens, die Kirche.

Bewegte Zeiten

Bis 1774 diente die Kirche der Gesellschaft Jesu und ihrem gegenüberliegenden Gymnasium als Schul- und Ordenskirche, aber schon 1793 nutzten französische Soldaten die Kirche als Pferdestall und Magazin. Sie ließen 1800 eine Ruine zurück und zwei Jahre später schloss die römisch-katholische Kirche mit Napoleon Bonaparte einen Vertrag, demzufolge sie auch die Namen-Jesu-Kirche dem (seinerzeit französischen) Staat abtrat. Auf Frankreich folgte später Preußen und schließlich das Bundesland Nordrhein-Westfalen, dem die Kirche bis heute gehört.

Seit 1877 wird die Kirche durchgängig als Gotteshaus genutzt. Sie war die erste Pfarrkirche der alt-katholischen Gemeinde, bis diese 1934 in ihre neu erbaute Kirche an der heutigen Adenauerallee (St. Cyprian) zog. Von 1934 bis 2009 nutze sie die römisch-katholische Kirche, zuletzt als Universitätskirche.

2011 wurde die Kirche aufwändig durch das Land Nordrhein-Westfalen saniert und im Juni 2012 der Stiftung Namen-Jesu-Kirche übergeben.

Architektur

Die Kirche steht als Gesamtensemble innen und außen unter Denkmalschutz. Die Fassade ist fast original erhalten und eine der bedeutendsten barocken Fassaden im Rheinland. Sie zeigt ein harmonisches Zusammenspiel der bis dahin bekannten Stilelemente kirchlicher Baukunst: romanische Schallluken, barocke Welschen Hauben, gotische Fensterbögen und eine klassizistisches Dekor.

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Gewölbe der Kirche trägt jeder Bogen einen Namen: In der Mitte im östlichsten Bogen zur aufgehenden Sonne hin der Name Jesu – Retter der Welt, die Namen seiner Eltern und Großeltern, sowie Johannes des Täufers; auf der rechten Seite finden sich männliche und auf der linken Seite weibliche Heilige; unter der Empore links wie rechts die Namen beutender Jesuiten und im Eingang das Spruchband „adorent eum omnes angeli Dei“ (Hebr 1) als das geistliche Motto der Kirche, die einen Vorgeschmack als himmlische Halle auf die Ewigkeit bieten soll.

Ausstattung

Die drei Altäre von 1754/1756 kamen aus der Kapuzinerkirche und sind das einzig in der Region erhaltene zusammenhängende Rokokoaltarensemble.
Der Hauptaltar stammt von Bartholomäus Dierix. Der obere barocke Teil besteht aus gefärbtem Lindenholz. Oben: In den Wolken und von Engeln umgeben, Gottvater mit der Welt. Rechts: Hl. Elisabeth von Thüringen, eine Zeitgenossin des Heiligen Franz von Assisi. Links: Hl. Felix, aus dem Bettelorden der Kapuziner. Das Altarbild zeigt die Heilige Familie: Vorne der sitzende Josef, hinter ihm stehend Maria mit dem Kind, welches das Kreuz in seiner linken Hand betrachtet.
Beide Seitenaltäre stammen von Melchior Jauanny und sind ebenfalls aus Lindenholz gefertigt. Rechts: der Hl. Antonius von Padua, Links: der Hl. Franziskus, der Gründer der franziskanischen Bewegung. Die lange verschollenen Bilder wurden 2013 in die Kirche zurückgeführt, nachdem sie über Jahre aufwändig an der Fachhochschule in Köln restauriert wurden.

 

 

2010 stürzte im Kottenforst bei Bonn das Naturdenkmal Dicke Eiche unter ihrer Eislast, die morschen Wurzeln konnten nach mehr als 300 Jahren den Baum nicht mehr halten. Der Künstler Klaus Simon durfte 1,5 m hiervon verwenden. In einem Waldatelier beim Standort der Dicken Eiche, am Jägerhäuschen, schuf er im Sommer 2011 Altar, Ambo (Lesepult), Osterkerzenständer und die Kathedra, den Bischofsstuhl. Gottesdienste und Diskussionen mit Theologen und interessierten Passanten begleiteten die Arbeiten. Die Dicke Eiche überlebte in den vergangenen Jahrhunderten drei Blitzschläge, die sich z. B. in den Zacken von Osterkerzenleuchter und Ambo wiederfinden und so auch an menschliche Wunden erinnern. Gerade am Ambo ist exemplarisch zu sehen wie der Baum es geschafft hat durch die Bildung neuer Rinde sich selbst zu heilen, so wie das Wort Gottes uns zu heilen vermag. Kredenz und Sedilien sind ebenfalls aus Eiche gefertigt. Der „Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst“ in München und das Land Nordrhein-Westfalen unterstützten diese Arbeit finanziell.

 

 

Das Geläut im Südturm besteht heute aus vier Glocken. Die kleinste ist zugleich die älteste Glocke der Bonner Innenstadt (1535) und diente ehemals als Brandglocke.
Sie hat einen Umfang von 590 mm und wiegt 135 kg. Gestimmt ist sie auf den Ton a2. Sie dürfte nach 1801 in die Namen-Jesu-Kirche eingebracht worden sein, als man im Nordturm die Brandwache einrichtete.
Ihre Inschrift lautet: RENOVATA ANNO DOMINI MCCCCCXXXV („Erneuert im Jahre 1535“). Sie hatte wohl eine Vorgängerin.

Die anderen drei Glocken wurden 2011 in der Glockengießerei Perner (Passau) gegossen. Sie wurden am 01. Januar 2012 vom Bischof des Alt-Katholischen Bistums in Deutschland, Dr. Matthias Ring, der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht.

Die Schöpferglocke (Gott Vater), Schlagton f1, hat ein Gewicht von 1.235 kg und einen Durchmesser von 1.230 mm. Ihre Inschrift lautet: + AUS IHM UND DURCH IHN UND AUF IHN IST DIE GANZE SCHOEPFUNG + IHM SEI EHRE IN EWIGKEIT! + Darunter befindet sich ein stilisiertes Blattrankenfries.

Die Christusglocke, Schlagton g1, wiegt 876 kg und hat einen Durchmesser von 1.000 mm. Ihre Inschrift lautet: + DU BIST MEIN GELIEBTER SOHN + AN DIR HABE ICH GEFALLEN GEFUNDEN + Darunter verläuft ein Fries mit Christusmonogramm. Darunter verläuft ein Fries mit Christusmonogramm.

Die Heiliggeistglocke, Schlagton a1, hat ein Gewicht von 682 kg bei einem Durchmesser von 980mm. Ihre Inschrift lautet: + DER GEIST HILFT UNSERER SCHWACHHEIT AUF + DENN WIR WISSEN NICHT WORUM WIR IN RECHTER WEISE BETEN SOLLEN + DER GEIST SELBST TRITT JEDOCH FÜR UNS EIN MIT WORTLOSEM SEUFZEN + Der Fries darunter ist als Doppelwelle gestaltet.

 

Die Orgel aus dem Jahr 1958 ist die erste mechanische Orgel, die die Bonner Orgelbaufirma Johannes Klais nach dem 2. Weltkrieg baute.

Die Orgel hat eine neobarocke Disposition, verteilt auf zwei Manuale und 25 Register im Hauptwerk und Rückpositiv. Die Spieltraktur ist mechanisch, die der Register elektrisch. Die Art der Windlade ist als Schleiflade konzipiert.

Im Rahmen der Sanierung 2011 wurde die Orgel vollständig überarbeitet und gereinigt.

 

Kirchenbänke links

Bis weit ins Mittelalter waren Kirchenbänke eher eine Seltenheit, Hochfeste wurden „begangen“ und die Menschen hörten stehend die Messe, wie heute noch in den orthodoxen Kirchen. So gehören die aus dem 18. Jahrhundert stammenden 28 Kirchenbänke mit den aufwändig geschnitzten Wangenteilen wohl zur ersten Innenausstattung. Gerne wird in Kirchenkreisen gescherzt, dass man deshalb auf Kirchenbänken so unbequem säße, weil sonst die Menschen während der Predigt einschliefen. Tatsächlich aber empfinden heute viele die geschlossenen Bankreihen als Symbol und Ideal einer gleichgerichteten Gemeinschaft, welches weder zeitgemäß ist noch der sozialen Realität entspricht. Trotzdem sind die Eichenbänke nach der Sanierung 2011 nummeriert und katalogisiert in die Kirche zurückgekehrt um das historisch gewachsene Raumkonzept aus denkmalpflegerischer Sicht nicht zu zerstören.

Die barocke Kanzel stammt aus dem Jahr 1698. Den Schalldeckel krönt der Erzengel Michael, der mit dem Teufel in Drachengestalt kämpft und somit die bösen Mächte und den Tod entthront. Dabei blickt Michael als Patron der Sterbenden direkt auf den alten Eingang der Gruft, durch den heute die Urnen der Verstorbenen hinabgelassen werden zu Ihrem Grabplatz. Er geleitet als Führer das Volk Israel über den Jordan und damit sinnbildlich gesprochen die Seelen ins Himmelreich. Die Gestalt des Erzengels, dessen Name übersetzt „Wer ist wie Gott“ bedeutet, findet man durchaus häufig auf Kanzeln: Er soll die Menschen daran erinnern, sich auf das Wort Gottes und damit das Wesentliche zu konzentrieren.

Die auffallend hohe Zahl an Beichtstühlen (Mitte des 18. Jahrhunderts) ist typisch für eine Jesuitenkirche. Die alt-katholische Kirche benötigt keine Beichtstühle, da das Sakrament der Versöhnung z. B. im Beichtgespräch gespendet wird. Daher werden sie nun als eine ganz andere Art von Hör-Ort genutzt: In der Mitte sitzend kann man geistliche Musik oder Beiträge zu ausgesuchten Themen lauschen. Ebenso sind aber auch die wichtigsten Texte des Alten und Neuen Testamentes zu hören, deren Kenntnis mehr und mehr verloren geht und somit ein wichtiger Zugang zu europäischer Literatur, Musik und Kultur. Die Realisierung des Projektes Hör-Orte wurde maßgeblich finanziell von der Bürgerstiftung Bonn und einer privaten Stifterin unterstützt.

Augustinus

Im vorderen Teil des südlichen Kirchenschiffes über den Türen in den Südturm befindet sich heute eine Statue des Heiligen Augustinus. Die vermutlich aus dem 18. Jhr. stammende Figur kam zur Wiedereröffnung nach dem 2. Weltkrieg in die Namen-Jesu-Kirche und wurde im rechten Seitenaltar platziert. Es ist weder bekannt woher sie kam, noch wer sie geschaffen hat. In der rechten Hand hält die Figur ein Buch (die autobiographischen Confessio). Die linke Hand ist leer. Da der Wahlspruch des Augustinus lautet „Unruhig ist unser Herz bis es Ruhe findet, oh Gott, in Dir“ wird vermutet, dass die Figur dort ähnlich wie in anderen Darstellungen ein flammendes Herz trug.

Das ewige Licht im Chorraum

Das Judentum kennt das Ewige Licht ebenso wie die orthodoxe und katholische Christenheit als Symbol für die Gegenwart Gottes. In den Synagogen brennt das Licht (ner tamid) vor dem Thoraschrein. In orthodoxen Kirchen ist ein brennendes Licht vor der Ikonostase oder einem Märtyrergrab seit dem 4. Jhr. bekannt. In katholischen Kirchen wurden erstmalig im 13. Jhr. am Tabernakel ein Ewiges Licht als Hinweis auf die Gegenwart Christi in den geweihten Hostien entzündet. Das brennende Licht ist gleichsam das ununterbrochene Gebet der Gemeinde vor ihrem Herrn. Dabei sind die Ampeln des Ewigen Lichtes immer nur an drei Ketten befestigt, Hinweis auf den trinitarischen Gott, der alles in allem ist: Gott Vater – Gott Sohn – Gott Heiliger Geist. Nur einmal im Jahr erlischt das Licht, am Gründonnerstagabend nach der Feier des Letzten Abendmahles, wenn der Tabernakel als Zeichen der Trauer leer bleibt. Im Gloria der Osternacht, wenn alle Lichter wieder neu erstrahlen, wird auch das Ewige Licht wieder zur Freude der Auferstehung Jesu entzündet.

Impressionen